Nach 18 Tagen auf Kuba hab ich große Lust und auch das erste Mal ein wenig Zeit, unsere Erlebnisse niederzuschreiben und mit euch zu teilen. Daher hier mal, was uns so bewegt hat. 

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Erstmal die Yogamatten einpacken.

Wir hatten uns Kuba als erste Destination ausgesucht, um einen entspannten Beginn für unsere lange Reise zu wählen. Wir kamen für stundenlanges Lesen, Songtexte spinnen und Planschen am Strand, aber auch für das Zigarren rauchen, ein wenig Salsa und extensiven Rumkonsum. Das passierte auch alles, jedoch wurde uns schnell klar, dass Kuba nicht unbedingt für Yogastimmung bekannt ist. Das hat das Land den wunderbaren und faszinierenden Menschen zu verdanken, die die Insel ordentlich aufmischen. Niemals steht Kuba still, wenn dies auch politisch schon mehrmals passiert ist und viele Kubaner an den Rand ihrer Existenz getrieben hat (Special Period).

Das K in Kuba steht für Kreativität.

Das Schönste und Unterhaltsamste an Kuba war für uns – abgesehen von vielen wirklich wundervollen und sehenswerten Orten – der einmalige Umgang der Cubanos miteinander. Die Familienbande sind dort wirklich sehr eng gestrickt und Freund- und Bekanntschaften werden herzlichst und oftmals auch lautstark gepflegt (dazu später mehr). Man hilft sich aus, wo es möglich ist und jeder bringt seine Talente, Fertigkeiten, die eigene Ausstattung mit ein, wenn Hilfe nötig ist. Kleinere und größere Probleme lassen sich mit Einfallsreichtum lösen und Dinge, die es eigentlich nicht zu kaufen gibt, irgendwie beschaffen. Jeder kennt einen, der einen kennt. Vermutlich größtenteils historisch bedingt bzw. an der aktuellen Wirtschaftslage liegend, scheinen Cubanos Meister des Improvisierens, Innovierens, Reparierens und Restaurierens zu sein. Das haben wir in Havanna an fast jeder Straßenecke aber auch in den Casas Particulares bewundern können. Dort wurden z.B. für den Terrassenboden Fliesen aus bestimmt 10 verschiedenen Stilen und unterschiedlichsten Farben, Formen und Größen verlegt und unsere Dusche hielt bombenfest mit Tape zusammen.

Die genannten „Casas“ sind die Privatwohnungen der Einwohner, in denen wir ausschließlich untergekommen sind. Seit ein paar Jahren dürfen die Kubaner ihre Zimmer vermieten, was sie auch fleißig tun und immer mehr professionalisieren. Mittlerweile gibt es Tausende davon. Diese Art und Weise Kuba und seinen Landsleuten näher zu kommen, ist unserer Meinung nach die Beste und in den meisten Fällen auch die günstigste Möglichkeit zu wohnen. So konnten wir gleich unser Spanisch aufpeppeln, beobachten, wie der Alltag in Kuba aussieht und leckeres Frühstück und Abendessen genießen, das uns von den Gastgebern liebevoll für wenig Geld zubereitet wurde. An dieser Stelle muss ich Danilo, einen jungen und musikalischen Kubaner aus der Casa „Rompe Olas“ (zu dt. Wellenbrecher) in Varadero hervorheben. Schon beim leckeren Frühstück mitten im grünen Garten fragte er uns, was wir denn zum Abendbrot essen möchten. „Überrasch uns!“ war die Antwort. Das nahm Danilo wörtlich und bereitete uns dreierlei leckersten Fisch (Languste, karib. Rotfisch und Garnelen) mit krossen Bananenchips, gedünstetem Kürbis, Reis und Allerhand mehr zu. Es war einfach köstlich und mit keinem uns bisher bekannten Fischgeschmack zu vergleichen, der sich mit dem Fisch von deutschen Märkten kreieren lässt. Danach sagte Danilo uns, dass er eigentlich ausgebildeter Koch sei, aber lieber bei seiner Oma in der Casa aushelfe. Das erklärte die hohe Qualität der Zubereitung – DANKE Danilo!

Hallo, hier bin ich!

Nun aber zurück zur Lebensart der Kubaner. Wie ich schrieb, sind die Herrschaften nach unserer Erfahrung gern lautstark unterwegs, sei es auf der Straße, im Restaurant, am Handy oder in ihrem Zuhause, den Casas. D.h. Gespräche verlaufen nicht selten zwischen zwei oder mehr Straßenblocks, vom Balkon herunter, durch den ganzen Laden oder aber über eine ganze Autobahn. Der Vorteil an dieser Art der Kommunikation? Alle wissen Bescheid! Und Wissen ist Macht in Kuba, da der Zugang zum Internet für kubanische Verhältnisse sehr teuer und sowieso nur selten verfügbar ist. Telefonieren kostet ebenfalls viel Geld und die Kubaner dürfen erst seit 2008 elektronische Geräte also auch Handys kaufen. Um sich bemerkbar zu machen, haben sie das Pfeifen perfektioniert. Jeder hat seinen eigenen Stil und wird dadurch gleich erkannt. Bei den Hupen der Autos ist das nicht anders. Die machen die abgefahrensten Geräusche oder werden im Rhythmus gedrückt, um einen Song zu imitieren. Hupen hat in Kuba viele Bedeutungen z.B. „Geiler Arsch!“, „Mach Platz!“, „Hola Amigo!“, „Willst du mit?“, „ICH fahr jetzt über die Kreuzung, also STOPP“…Das alles lässt sich am besten zusammenfassen mit „Hallo, hier bin ich!“.

Und diese Aufmerksamkeit können sich die Gefährte, mit denen die Leute auf der Insel unterwegs sind, auch völlig zu Recht gönnen. Hier ein kleiner Auszug von dem, was man so täglich auf der Straße sehen kann: Kutschen, fahrende „Orangen“ (siehe Fotos), amerikanische Oldtimer aller Couleur, Zwei- und Dreiräder, Roller, Taxis, Minitaxis, Taxi Colectivos, Trucks, Sowjetimporte, Linien- und Reisebusse. Mit Sicherheit hab ich in meiner Aufzählung noch was vergessen.

 

 

„Vertrau mir“, sagten sie.

Am liebsten hätten wir natürlich alle Transportmöglichkeiten gern einmal ausprobiert. Jedoch haben wir uns auf Taxis, Trucks, Busse, Orangen, Sowjetautos und Amischlitten beschränkt und den Rest zu Fuß oder auf dem Drahtesel hingelegt. Unsere persönliche Empfehlung sind die Großraumtaxis, sogenannte Colectivos, die ihr euch nicht annähernd so vorstellen könnt wie deutsche Großraumtaxis. Sie sind alt, und damit meine ich bis zu 40-50 Jahre alt. Draußen steht vielleicht Ford dran, der Motor ist von Toyata und auf dem Lenkrad glänzt das Skodalogo. Es passen 6-15 Leute rein je nach Fabrikat. Warum wir euch die Colectivos empfehlen? Nun ja, wenn man ein weichgepolstertes Gesäß sein Eigen nennt, den Geruch von Diesel am liebsten jeden Tag als Eau de Parfum tragen würde, Staub gern zum Frühstück isst und auch bei 30 Grad kuschelt, für den ist diese Möglichkeit, von A nach B zu kommen, einfach perfekt :D! Spaß beiseite, es lohnt sich mitzufahren, weil es jedes Mal ein neues Abenteuer ist und die Fahrer immer was zu erzählen haben. Selbst kurze Fahrten in Havanna haben uns zum Lachen gebracht, weil Jörn beim Ausstieg erstmal fix der Türgriff gereicht werden musste, damit er auch wieder rauskommt aus der Karre.

Um von Havanna ins schöne Vinales zu kommen, haben wir uns ein Colectivo direkt zur Casa bestellt, was problemlos möglich ist. Als ein vollbesetztes Auto mit dem kompletten Gepäck der Insassen locker auf’s Dach geschnürt und mit bereits 7 skeptischen Mitfahrern plus Fahrer an uns vorbeifuhr, dachten wir nur: „Puh, zum Glück ist das nicht unser Auto.“ Wir wollten ja nicht unser ganzes Hab und Gut, das wir ja doch noch ein paar Monate brauchen, dem Schnürgeschick des Fahrers und der Belastbarkeit der sehr dünnen Seile überlassen. ABER siehe da. Er legte eine Vollbremsung hin und winkte uns ran :D. Es passte eben erstaunlicherweise noch mehr ins und auf’s Auto. 2 Stunden später war unsere Skepsis wie weggefegt und wir verabredeten uns mit den anderen Mitfahrern zum Abendessen am Valentinstag. Diesen zelebrieren die Kubaner hier als Día Del Amor völlig übertrieben und kitschig. Aber irgendwie war es auch süß anzusehen, wie sich alle aufgerüscht haben und passt zu den ganzen Schmachtsongs, die uns die Taxifahrer von jung bis alt auf den Fahrten als ihre Lieblingslieder vorgestellt haben.

Ein Bauer, der ein Lehrer ist, der ein Bauer ist.

Nun nochmal kurz zur Politik. Ich will mir auf gar keinen Fall anmaßen, ich hätte die Materie in irgendeiner Form tiefer durchdrungen und würde verstehen, was die Kubaner so alles erlebt haben und durchleben mussten. Jedes Mal, wenn wir dachten, wir fangen an, ein paar Zusammenhänge zu verstehen, wurden diese wenig später wieder durch völlig gegenteilige Erlebnisse zunichte gemacht. Jedoch haben wir meist neugierig nachgefragt, wie es den Kubanern in ihrem Alltag ergeht und was sie bewegt. Über Politik wollten sie jedenfalls in unserem Fall nicht gern sprechen. Nur ein Taxifahrer interessierte sich sehr für unsere Ansichten zur DDR und wie es dazu kam, dass die Mauer fiel. „Ob denn die Leute unzufrieden waren?“, fragte er und wollte wissen, ob die Wiedervereinigung gut für die Wirtschaft war. Aber versucht mal, darauf eine „richtige“ Antwort zu geben und das noch auf Spanisch :D.

Besonders interessant war der Werdegang von Juan, der meinem „Don Jörn“ und mir auf einer Farm auf echt gutem Deutsch erzählte, er sei eigentlich studierter Lehrer für Englisch und Französisch, würde aber als Bauer in Vinales deutlich mehr verdienen. Er meinte, es gäbe überhaupt keinen Anreiz zu studieren für Kubaner, weil sich damit kein Geld verdienen ließe. Außerdem hätte er jetzt als Bauer nun eine viel hübschere Freundin „abbekommen“. Die hätte er als Lehrer mit so wenig Gehalt laut eigener Aussage nicht für sich gewinnen können. Er war auch ganz stolz darauf, dass die anderen Bauern auf der Farm sie alle am liebsten sofort heiraten würden. Die Frauen in Kuba seien insgesamt sehr materiell eingestellt, meinte er und fand das gar nicht schlimm. Irgendwann möchte er unbedingt Reiseleiter in Havanna werden, damit er noch mehr Geld verdienen kann. Sein gutes Deutsch hat er sich übrigens selbst beigebracht und seine Aussprache und sein Wortschatz haben uns echt beeindruckt. Die Geschichte von Juan hat uns jedenfalls nachdenklich zurückgelassen.

Ausgehend von unseren Erlebnissen können wir behaupten, dass die Kubaner keinesfalls einen unzufriedenen Eindruck machen. Sie haben sich mit ihrer sozialistischen und für uns etwas anderen Art zu leben ihren ganz eigenen Kosmos geschaffen und sind dabei unglaublich lebensbejahend und herzlich. Wir sind froh, dass wir 18 Tage an dieser Lebensart teilhaben durften.

– LG

Unsere Route // Varadero – Matanzas – Habana – Viñales – Cienfuegos – Trinidad – Habana // 06.02.- 24.02.2018

Dokutipp // Return to Cuba // 

P.S. // Wir fügen natürlich bald noch tonnenweise mehr Fotos hinzu 🙂 //

3 thoughts on “KUBA – Die andere Art zu leben.

  1. Wow, das liest sich doch super und macht Lust gleich hinterherzufliegen! Bin gespannt auf die nächsten Berichte. Lasst es euch gut gehen, disfrutan el tiempo 😉

    Saludos,
    Don Andy

    1. Liebe Ramona, beste Grüße aus Nicaragua von Laurita und mir! Uns geht es super und natürlich passen wir aufeinander auf :-)!

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