// 14.05. – 01.06.2018
// Route: San José // Arenal (Volcano Arenal) // Monteverde // Santa Teresa // Mal Pais // Montezuma (Waterfalls) // Cabo Blanco // Manuel Antonio Nationalpark // San José // Puerto Viejo // Cahuita Nationalpark
Nice to meet you
Unser Start in Costa Rica hätte netter nicht sein können. Als wir buchstäblich über die Grenze gingen, trafen wir direkt auf Nils, einen herzlichen Kölner Jung, der seit längerem in Costa Rica lebte und für ein Freiwilligenprojekt arbeitete. Wir hatten mit Costa Ricas Hauptstadt San José dasselbe Ziel und verabredeten uns gleich für den Abend in unserem Hostel.
Vorher wollten wir die Stadt in einer Free Walking Tour kennenlernen. Dazu muss ich vorweg sagen, dass San José bis auf wenige künstlerische Ausnahmen wirklich keine Stadt zum Wohlfühlen ist: laut, grau, dreckig. Dennoch gibt es sicherlich viel Spannendes über San José zu berichten. Wie das bei geführten Touren so ist, kann man unfassbares Glück haben, auf einen Guide mit Erfahrung, Humor und viel Wissen zu stoßen, der einem seine Nachbarschaft zeigen möchte. In diesem Fall hatten wir jedoch echt Pech und stießen auf einen älteren Herren, der zwar Humor hatte, uns jedoch die verwirrendste und unbrauchbarste Stadtführung gab, die wir auf der Reise hatten. Unter anderem zeigte er uns in einer denkbar hässlichen Anwaltsnachbarschaft, wo wir klingeln sollten, wenn wir mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Außerdem sollten wir uns den Hintereingang zum Mädcheninternat merken oder aber seine Lieblingsbiere in einem x-beliebigen Supermarkt usw. Als wir doch mal etwas wirklich Interessantes sahen und mehr dazu wissen wollten, gab es nur noch verwirrendere Antworten und ein breites Grinsen dazu.
Warum ich euch davon erzähle? Einmal, damit ihr wisst, dass nicht immer alles blumig läuft und weil es auf der Tour auch einen schönen Lichtblick gab. Wir lernten Lisa kennen, die für ihre Yogaausbildung nach Costa Rica gereist war. Wir verstanden uns auf Anhieb super und so luden wir sie gleich mit ins Hostel ein.* So saßen wir abends mit Nils, seinem Kumpel Roberto – ein echter Tico (so nennen sich die Einheimischen) – und Lisa zusammen in unserem Hostelgarten – der wohl einzigen Wohlfühloase San Josés – und philosophierten über das Leben. Die schreckliche Stadttour war vergessen:).
*Lisa war so fantastisch, uns auch ihre tollen Fotos zur Verfügung zu stellen, da wir leider immer noch mit unseren schlechten Ausweichkamera unterwegs sind. Vielen Dank!


Als wir am nächsten Morgen noch die quirlig sympathische Céline und ihre Freundin Lulu aus Frankreich kennenlernten, schmiedeten wir schnell einen gemeinsamen Plan. Lisa, Jörnito und ich schlossen uns den beiden Französinnen an, die einen Roadtrip quer durch Costa Rica vor sich hatten. Roberto und Nils hatten leider keine Zeit mitzukommen, aber mit fünf Leuten war das Auto sowieso proppenvoll. Außerdem hatte Jörn mit uns vier Chicas genug Beschäftigung.

Sagt “Hallo” zu Lisa, Céline und Lulu.


Hit the Road
Mit viel Vorfreude auf Costa Ricas Landschaften und die einzigartige Tierwelt starteten wir unseren Roadtrip. Wir machten zunächst den Nationalpark um den Vulkan Arenal unsicher. Dabei bewunderten wir Brüllaffen und Coatis (kleine Nasenbären), bestaunten den kreisrunden Regenbogen um die Sonne während der Mittagshitze, entdeckten im letzten Dorf vorm Ende der Welt eine deutsche Bäckerei und badeten in natürlich heißen Quellen.
Nachdem wir in Santa Elena bei Monte Verde ankamen und erstmal dem fontänenartigen Regen mit unseren Ponchos trotzen mussten, stand abends ein Highlight auf unserem Programm. Eine Nachtwanderung mit dem Einheimischen Johnny (Johnny Loves Nature Eco Tours) sollte es sein. Schon bevor es losging, sahen wir direkt vor unserer Unterkunft oben im Baum unser erstes Faultier hängen. Man war ich aus dem Häuschen!
Johnny war vom Fach und zeigte uns mit viel Respekt für die Natur Vogelspinnen mit orangefarbenen Knien, bunte Frösche, unzählige spannende Insekten, schlafende Eulen, Tukane und Heilpflanzen. Da die Natur ja bekanntlich kein Zoo ist, bekamen wir an diesem Abend leider keine Schlangen zu sehen. Johnnys Wissen zeigte sich einmal mehr, als Lulu plötzlich mit ihrem Kreislauf zu tun hatte. Er ließ sie sofort an einer der Heilpflanzen schnuppern, wodurch sich ihre Atmung beruhigte und es ihr schnell wieder besser ging. Als alle wieder fit waren, holte er sein Schwarzlicht raus und zeigte uns einen Skorpion, den wir ohne das Licht sicher nicht entdeckt hätten. Ich kann euch Johnny sehr empfehlen, wenn ihr dort unterwegs seid.
Unsere nächste Wanderung durch die mystischen Nebelwälder in Monteverde mit riesigen Blätterdächern starteten wir ohne Céline, die mit einer fiesen Lebensmittelvergiftung zu kämpfen hatte und im Bett blieb.
Dieses Leuchten
Über gewohnt rucklige Straßen bahnten wir uns den Weg zu einem der schönsten Flecken Erde: Costa Ricas Halbinsel Nicoya. Die Belohnung für die Schotterpisten war ein atemberaubender Sonnenuntergang über dem Pazifik am wilden Strand von Santa Teresa, den Jörn und ich so schnell nicht vergessen werden. Dafür waren die Farben und das Leuchten einfach zu schön. Wir genossen Costa Ricas Nebensaison und chillten im Surfcamp an unserem Pool mit Einhorn, besuchten die wunderschönen Strände der Halbinsel, kochten lecker, gingen aus und kloppten Karten. So wie sich das für einen Roadtrip gehört. Das nächste kleine Abenteuer ließ auch nicht lang auf sich warten.
Dreamteam
Montezuma hieß der Wasserfall, den wir uns im gleichnamigen Örtchen am südlichen Zipfel Nicoyas ansehen wollten. Den Tag zuvor hatte es wieder ordentlich dort geregnet. Daher wurde die eigentlich entspannte Wanderung doch ziemlich aufregend, da wir mitten durch das schnell fließende Flussbett waten mussten. Alles war verdammt rutschig und ich hatte völlig vermessen nur Sandaletten an. Wir halfen uns gegenseitig durch und über das Wasser, sodass wir bald vor dem brausenden Wasserfall standen. Spontan entschieden wir uns, an der Seite des Wasserfalls hochzuklettern und dahinter wieder herunterzuwandern. Gesagt, getan. Die Angelegenheit wurde schnell zum Freiklettern und war nicht ungefährlich. Glücklicherweise hielten die glitschigen Steine und brüchig-stachligen Äste an denen wir Halt suchten, sodass wir den Wasserfall bald von oben bewundern konnten. Pausieren konnten wir aber nicht, weil es bereits dunkel wurde. Unser Rückweg war genauso aalglatt und steil. Aber mit viel Teamarbeit kamen wir wieder heil auf festem Boden an. Natürlich platzte mir kurz vorm Zieleinlauf noch die Hose am Po komplett auf, da sie nach dem Waten durch das Wasser total auf Spannung saß – kein Kommentar :D.
Hier nochmal zum Vergleich, wie der Wasserfall normalerweise aussieht, wenn es nicht regnet.

Zwischen echtem und vermeintlichem Paradies
Wanderwütig wie wir waren, wollten wir so viel Natur wie möglich genießen. Daher gingen wir am nächsten Tag 16 km über Stock und Stein durch das Naturreservat Cabo Blanco (Weißes Kap). Unser Wanderziel bei tropischer Hitze war der gleichnamige Strand, der uns wie das Paradies vorkam. Leider konnten wir uns im Wasser nicht richtig auf Betriebstemperatur bringen, weil dicke Gesteinsbrocken in der Brandung hin- und herströmten und für blaue Flecken sorgten. Dennoch war dieser Strand einmalig schön und niemand außer uns war dort, um unsere Ruhe unter den Palmen zu stören.
Der Anziehungskraft des Manuel Antonio Nationalparks konnten wir uns nicht entziehen. Also machten wir uns auf, diesen sehr touristischen Park ebenfalls zu besichtigen. Alle Wege waren eingezäunt, vermutlich weil in der Vergangenheit zu viele Besucher abseits der Pfade unterwegs waren und dadurch die Tiere gestört haben.
Gleich zu Beginn unseres Besuchs passierte etwas Schreckliches. Wir waren gerade 5 Minuten unterwegs, als wir ein zuckersüßes Faultierbaby über uns in etwa 10 Meter Höhe an einem viel zu dünnen Ast hängen sahen. Noch bevor wir den Rangern Bescheid geben konnten, brach der Ast ab und das kleine Tier krachte mit einem lauten Schrei auf den Holzweg vor uns. Ich hätte echt heulen können, weil es sich kaum mehr bewegte und mit letzter Kraft den Ast umklammerte. Ein Guide kam und legte das kleine Faultier abseits des Wegs ins Gras. Er meinte seelenruhig, es würde sich wieder erholen und sowas würde öfter passieren – hm.
Was mich wahnsinnig aufregte, waren nebenstehende, sensationsgeile Touristen, die alles filmten, anstatt zu helfen und Sachen sagten wie „Oh mein Gott, ist es schon tot? Schau doch mal!“, während sie die Kamera auf das Kleine richteten. Zum Glück war es weit genug weg, um nicht noch mehr belästigt zu werden. In solchen Momenten wünsche ich mir mehr Schlagfertigkeit, aber ich war einfach sprachlos gegenüber solcher Ignoranz und fehlendem Respekt vor der Natur. Jörn und den Anderen ging es ähnlich.
Insgesamt hatte der Park einen wirklich schönen Küstenstreifen und wir sahen weitere Faultiere, Echsen, Vögel und Äffchen. Hier muss es einst paradiesisch gewesen sein. Jedoch kann ich persönlich den Park nicht empfehlen, weil ich das Gefühl hatte, dass der Lebensraum der Tiere dort nicht genug geachtet wird und der Tourismus dort auf die Spitze getrieben wurde. Costa Rica hat so viel mehr Natur in seiner Ursprünglichkeit zu bieten. Ich kam mir vor wie in einem Zoo mit viel zu vielen Leuten. Natürlich weiß ich, dass wir Teil des Ganzen sind. Deshalb wählten wir nach diesem Erlebnis unsere Ausflugsziele noch sorgfältiger aus. Ich hätte es z.B. super gefunden, wenn sie täglich nur eine bestimmte Anzahl von Leuten in den Park lassen würden und wir uns im Vorfeld um die Tickets hätten kümmern müssen.
Carribean Vibes
Unser letztes Ziel war der karibische Teil Costa Ricas. Nirgendwo sonst konnten wir den Sinn des in Costa Rica allgegenwärtigen Spruchs „Pura Vida“ besser verstehen als dort. „Pura Vida“ bedeutet für jede Tica und jeden Tico etwas ganz Eigenes, was ihr z.B. hier nachlesen könnt. Auch wir konnten uns damit voll und ganz identifizieren. Für mich bedeutet dieser Spruch, dass es in diesem Land einfach voll Leben wimmelt und dass fast jeder Einwohner Costa Ricas sich darüber im Klaren und stolz darauf ist. Überall gibt es unfassbar schöne Dschungellandschaften mit immer neuen und farbenprächtigeren Pflanzen an jeder Ecke. Mein persönliches Highlight sind die unzähligen Tiere, von denen ich bis zur Reise nur träumen konnte, sie einmal in natura erleben zu dürfen. Ich war so fasziniert von der Natur, dass Jörnito und ich uns vorsorglich schon mal ein paar Dschungelgrundstücke anschauten, die an der Karibikküste zum Verkauf standen ;-).
Im Küstenort Puerto Viejo konnten wir nach den vielen Wanderungen richtig an den paradiesischen Stränden ausspannen, mit Fahrrädern rumcruisen, beim Schnorcheln Babytintenfische beobachten und abends auf einer Reggaetonparty die Hüften kreisen lassen. Unser letzter Nationalpark Cahuita wurde auf jeden Fall mein Lieblingspark. Hier lasse ich einfach die Fotos für sich sprechen und vielleicht habt ihr die Möglichkeit, euch dort mal vor Ort von der Natur verzaubern zu lassen.
Mensch versus Natur
Unser letzter Tag in Costa Rica fand einen besonderen Abschluss mit dem Besuch im Jaguar Rescue Center. Ich hatte mich oft damit beschäftigt, eine Einrichtung zu besuchen, in der wilde Tiere wieder „aufgepäppelt“ und im Anschluss ausgewildert werden. Bisher hatte mich keine davon überzeugt. Auch bei dieser war ich mir nicht zu 100% sicher, ob das Tierwohl an erster Stelle steht. Leider gibt es viel zu oft schwarze Schafe unter den Organisationen, die bspw. gesunde Tiere fangen, damit Touristen diese gegen Gebühr bewundern können. Die Auswilderung steht dort überhaupt nicht im Vordergrund und es fehlt an wissenschaftlichem Hintergrundwissen zum Verhalten und den Bedürfnissen der Tiere. Glücklicherweise arbeitet das Jaguar Rescue Center genauso, wie ich das persönlich großartig finde. Oberste Priorität hat die Gesundung der Tiere und deren Entlassung in die Wildnis. Das Center hat eine Freilassungsquote von 99%. Besucher haben nur Zugang zu Tieren, die nicht mehr ausgewildert werden können oder bei denen der Kontakt zum Menschen die Freilassung nicht gefährdet. In keinem Fall dürfen Tiere angefasst oder gar gestreichelt werden. Jedes Tier hat außerdem fest zugewiesene Tierpfleger was z.B. bei den Brüllaffen sehr wichtig ist. Als Besucher durften wir die Tiere darunter Klammeraffen, Kaimane, wilde Schweine, Faultiere, diverse Schlangen- und Vogelarten, Nasenbären und Wildkatzen mit ausreichend Abstand bestaunen und erfahren, wie die Tiere zum Center gekommen sind. Die Geschichten sind teilweise witzig, aber viele auch grausig, weil wir Menschen sie zu verantworten haben. Das geht los damit, dass Faultiere und Affen die furchtbar schlecht isolierten Stromleitungen mit Ästen gleichsetzen, an denen sie sich mit ihren Babies langhangeln können. Resultat sind verwaiste Babies, die auf der Straße liegen und zum Center gebracht werden müssen. Glücklicherweise hat die Regierung nun eine Initiative gestartet, die Leitungen besser zu isolieren. In einer anderen Begebenheit wurde ein misshandeltes Krokodil am Strand von Puerto Viejo gefunden. Ein betrunkener Mann hatte es gefesselt und mit einem Stock verprügelt. Nun ist es halb blind und wird in der Einrichtung gepflegt. Es gibt aber auch tolle Begebenheiten wie etwa die Befreiung eines Jaguars aus einem Kofferraum von Tierhändlern.
Viele Initiativen und die Regierung Costa Ricas tun bereits viel für die Natur in Form von möglichst nachhaltigem Tourismus. Im Vergleich zu anderen Staaten Zentralamerikas ist das Land hier sehr fortschrittlich. Seit fast 70 Jahren gibt es kein Militär mehr in Costa Rica. Das Geld dafür fließt vor allem in Bildung, Gesundheit und den Umweltschutz. Man spürt, dass durch gezielte Aufklärung und die Achtung der Natur der Umweltschutz hier viel präsenter ist, als in den umliegenden Ländern. Doch auch hier ist es ein weiter Weg und es gibt genügend Menschen, für die das Thema Nachhaltigkeit nicht von Bedeutung ist.
Ich bin überzeugt davon, dass wir als verantwortungsbewusste Touristen einen Beitrag leisten können in der Art und Weise wie wir Reisen. Unsere oberste Priorität sollte es sein, nichts als Fußspuren zu hinterlassen und nur Erinnerungen von den traumhaften Orten dieser Welt mitzunehmen.
-L

PS: Hier noch ein Musiktipp von unserem Tico Roberto. Seine Freunde von Café Sura machen richtig schöne Sommermusik „Made in Costa Rica“: